Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

In diesem Forum könnt ihr euer Rad öffentlich vorstellen. Was macht das Rad für euch besonders, was habt ihr damit erlebt? Zeigt uns die schönsten Bilder eurer Räder. Gäste dürfen in diesem Forum lesen.

Moderator: yan.kun0567

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manticora
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Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von manticora »

Als ich neulich an meine Werkstatt kam, stand ein Fahrrad vor der Türe im Flur. Erst auf den zweiten Blick merkte ich das es keines meiner Räder ist. Ein paar SMS und Telefonate später wusste ich das einer der Mieter, der ein Lager über meiner Werkstatt hat, mir das Rad hingestellt hatte. Im Tausch wollte der Besitzer zwei alte Holz-Bierkisten, (Brauerei Schlenkerla und Brauerei Mahr) die ich mal auf dem Sperrmüll gefunden habe, von mir. Der Deal stand und das Rad war meines.
Erst dachte ich, aufgrund der Bauweise das Rades, es sei Vorkrieg (Bandfeststeller, Lackierung, usw alles sehr altbacken), ein Blick auf die Nabe und der Rahmennummer sagte mir aber das Rad stammt aus dem Jahr 1952. Das Rad stand aufgrund eines Vorfalles seit den frühen 60ern im Keller und wurde nie mehr bewegt oder umgebaut (die Staub und Dreckschicht war gigantisch! Hat aber den Lack gut konserviert). Sogar die alten Reifen waren noch drauf . Außer den beiden, kleinen Ventilschläuchen habe ich nichts ersetzt an den Laufrädern, sogar die Ventilkappen sind noch die alten aus Gummi und die Schläuche hielten die Luft. Die Pedale fehlten leider, ebenso die linke Kurbel und die linke Kurbelschraube. Einer der original Hercules (Bakelit oder Plastik?) Griffe ist irgendwann mal verloren gegangen. Herr Fingerhut von Velo-Classic konnte mir eine linke Kurbel samt Kurbelmutter besorgen. Original Pedale und einen Griff würde ich noch suchen. Die wenigen Roststellen wurden vorsichtig ausgemerzt und mit Tannox behandelt, der Lack lediglich etwas gepflegt und mit Wachs aufpoliert und konserviert. Alle Lager wurden gefettet. Flugrost an den schön linierten Felgen wurde mit Cola light (das Zeug sauf ich nicht) behutsam auspoliert. Die original Reifen wurden drauf belassen und nur mit etwas Reifenpflege behandelt. Die Lackplatzer am Strahlenkopf wurden so belassen, das ist halt einfach so und ich kanns hinnehmen. Das Leder der Hercules Rahmentasche und des Lohmann Sattels wurde etwas mit Lederfett gepflegt. Ich fahre das Rad kaum, da es mir dafür zu schade ist und die schöne Extra-Prima Ballon Bereifung einfach dran bleiben soll. Lediglich einmal wurde es ausgefahren, dafür habe ich den schönen Lohmann Sattel, kurzzeitig, gegen einen besser erhaltenen Wittkop ausgetauscht um das Leder zu schonen, zwei 50er Standard Griffe ran gemacht und hinten, ebenfalls kurzzeitig, einen stabileren Pneumant aufgezogen. (auf den Bildern zu sehen, auch, hab ich gerade bemerkt, hab ich den Bosch Dynamo nicht hingeschraubt auf den Bildern.)
Interessant finde ich wie altbacken Hercules noch in den 50ern ihre Räder baute.
Auch wenn das Rad aus den 50ern ist, gehört es zu einem meiner Liebsten in meiner Sammlung. Wohl auch weil es hier aus meiner Heimat Franken kommt.
Knut
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manticora
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von manticora »

Sollte wer passende Pedale, den fehlenden Griff und eine zeitlich passende Hercules Klingel abzugeben haben würde ich mich über eine Nachricht freuen.
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fuerdieenkel
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von fuerdieenkel »

...tolles Rad mit Vorkriegsanmutungen. :thumbup:

Hercules bekommt man scheinbar nur geschenkt.
Das 65er Damenrad meiner Frau wirkt auch älter und sollte eigentlich in den Schrott:
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Mein 34er Herrenrad war praktisch schon am Straßenrand für die Metallschrottsammlung. Leider fehlen viele Originalteile, da es wohl lange in Benutzung war aber es tut mir im Nahverkehr gute Dienste:
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Seit neuesten sogar im Anhängerbetrieb:
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Fund von dieser Woche: sechs Kisten Löwenbräu
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Grüße

Karsten

Express
Victoria
manticora
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von manticora »

Sechs solcha Kisten Löwenbräu Buttenheim, des sinn fei im Gechenwert drei Hercules! :wink:

Manchmal glaube ich Hercules wird (gerade hier bei uns in Franken) wenig Wert geschätzt. Ich muß gestehen, bis vor wenigen Jahren hab ich Hercules auch nicht für Sammelwürdig gehalten. ...und, ich gestehe des weiteren, in meiner Jugend hab ich alte Hercules bei uns im Karpfenweiher versenkt. Wir sind mit denen den "Ranger" (fränkisch für Hügel, Böschung) mit einem "Affenzahn"runtergefahren und unten, kurz vorm Karpfenweiher, sind wir dann abgesprungen und die Räder sind in den Weiher gefahren. Da haben wir sie dann liegen lassen. So alte Hercules "Oparäder" waren in den 80ern aufm Land bei uns Null wert! Hercules waren für uns Kids und Jugendlich absolute "Bauernräder".
Gruß,
Knut
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yan.kun0567
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von yan.kun0567 »

Mit Baujahr 1952 ist das Rad immerhin in ein paar Jahren auch schon 70 Jahre alt! Als vor 22 Jahren der Verein für historische Fahrräder gegründet wurde waren das Räder um 1930. Mit dem Alter ist das alles immer relativ, da die Zeit nicht stehen bleibt :)

Und der Zustand dieses Rades ist ja ein traumhaft schön. Super, das Heinz helfen konnte die fehlenden Teile aufzutreiben! Ich denke ein Griff wird sich mit der Zeit auch noch finden. Bei so viele 50er Jahre Räder die zu Halbrennern verbastelt wurden, sind gut erhaltene Originale wie dieses in Zukunft auch nur noch schwer zu bekommen.

P.S.
Tannox ist echt ein gutes Zeug, wenn es darum geht kleinere Roststellen zu schwärzen. Funktioniert in meinen Augen in allen Belangen (Verarbeitung, Geruch, Haltbarkeit, Ergebnis) besser als Fertan.
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von Veloxol »

Super Fahrrad. Das mit dem Bandfeststeller wußte ich gar nicht. Dachte die gabs in den 50er absolut und gar nicht mehr.

Und was Tannox angeht ist witzig, ich habe sehr viel hier gelesen über Rostschutz, Rostumwandelung, Konservierung und grundierung aber Tannox scheint mir hier erst seit neustem geläufig zu sein. Scheint auch mit Fertan verwand zu sein, dort ist ja Tannin drin.

Werd mir demnächst mal nen Dose Tannox mitbestellen. Schönes Fahrrad, die Platzer am Strahlenkopf finde ich nicht nennenswert. Wenn du das Rad nicht fährst würde ich die originalen Reifen von dem aller ersten Bild oben wieder drauf machen.
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Bejak
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von Bejak »

manticora hat geschrieben: Mi 7. Aug 2019, 16:27Erst dachte ich, aufgrund der Bauweise das Rades, es sei Vorkrieg (Bandfeststeller, Lackierung, usw alles sehr altbacken), ein Blick auf die Nabe und der Rahmennummer sagte mir aber das Rad stammt aus dem Jahr 1952.
In den frühen 1950ern sahen viele Räder noch so aus, mein Stricker von 1951 ist diesem sehr ähnlich. So ein Hercules würde ich auch nehmen, schönes Rad!
Grüße,

Stefan
Satzair
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von Satzair »

Hallo
Habe das passende weibliche Gegenstück......
allerdings in Einzelteilen und nicht ganz kpl.....
Also Rahmen, Felgen(ohne Speichen/Nabe) und Schutzbleche.
In der gleichen Farbe aber mit mehr Patina.....
Steht schon seit längerem bei mir rum....
Vielleicht Interesse?
Grüße Sascha - aus Franken 😉
Rattrap
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von Rattrap »

Hallo !

Ich habe das selbe Modell - Baujahr 1951 - frisch aus der Scheune reinbekommen, soll es verkaufen.

Soweit alles original, bis auf die Ventile und die Kette (die alte liegt bei). Ein Griff -AHA- fehlt. Tasche, Klingel, SKS, SBF, Kettenschutz, Lepper Sattel da. Lichtanlage von Bosch. Ist fahrbereit aber Überholungsbedürftig. Könnte es nach Bad Brückenau mitbringen falls Interesse besteht.

Beste Grüße Jürgen
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tretmuehle
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von tretmuehle »

manticora hat geschrieben: Mi 7. Aug 2019, 16:27 ...Erst auf den zweiten Blick merkte ich das es keines meiner Räder ist....
...DER war übrigens gut! :mrgreen:
Phoebus
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von Phoebus »

Hallo zusammen,

bei mir waren es zwei Uralt-Räder, die hergerichtet werden.
Auf dem Teilemarkt in Recklinghausen erstand ich für 15 EUR einen Göricke Herrenrahmen ohne Räder und Handbremse, sonst aber komplett.
Es sollte ein Truppenrad-Nachbau werden.
Die Daten dazu (Lastenheft) fand ich auf www.ifem.at, einer IG für Freunde aller Radfahrzeuge des. dt. Militärs, angefangen vom Handkarren.
Hängt an der Garagenwand ohne Pedalen und Lenker (spart Platz).

Die Stempelbremsen waren mir alle zu teuer, also kaufte ich im Diakonie-Kaufhaus im Kreis RE ein Damenrad der Fa. Standard, komplett, aber mit platten Reifen.
Nach dem Abbau der Stempelbremse setzte ich neue Ventile ein und pumpte die Reifen auf : die Luft hielt !
Wegen des hohen Fahrkomforts baute ich das Fahrrad zum Lastenrad um plus Hängerkupplung.
Wir haben einen Schrebergarten, der ziemlich weit vom Parkplatz gelegen ist. Daher ist das die beste Lösung. Vorne habe ich einen Felge verbaut mit Trommelbremse, erstanden auf einem Kofferraummarkt ( car boot sale) in den Niederlanden......für 5 EUR..................................
Die Felge hat ein Westwood Profil und ist aus Edelstahl.
Hinten verbaute ich dann eine Duomatic von Sturmey Archer, wobei ich allerdings ein Eigentor geschossen habe :
die Nabe sollte in ein Gazelle Vouwfiets 22 Zoll verbaut werden; also doe 32 L Nabe bestellt.
Lesen erleichtert das leben, denn die verbaute Zerlegrad-Nabe hat nur 28 L und dazu gibt es keine Duomatic mehr.................
Also gesucht mit mehreren Suchmaschinen (startpage, metager, qwant etc).
Habe dann beim radgeber-brieselang eine 28 Zoll Hohlkammerfelge in 32 L gefunden plus die Speichen dazu.
Eingespeicht habe ich selber, Feinzentrieren bei einem Bildungsträger der Diakonie machen lassen.
Vorne ist ein am Rahmen fest montierter Träger von steco, auch aus den NL für 6 EUR. Die dazu passende Holzkiste gab es für kleines Geld in Top Qualität bei hornbach ( in Litauen hergestellt aus Birke/Kiefer).
Oberste Lattung abgesägt, behandelt mit Leinöl.
Die originalen Felgen sind für das Herrenrad Göricke bestimmt :
Stahlblechfelgen aus den frühen 50ern habe ich demontiert und sandstrahlen lassen. Kostete 20 EUR / 2 Stck., aber war eine hervorragende Arbeit.
Lackiert mit Schweißprimer, 2 x matt-schwarz plus 1 x Klarlack seidenmatt : toll geworden !
Möchte mit dem Rad auch längere Strecken fahren und werde es dann ein wenig "aufrüsten".
Hinten eine 7-Gang Nabe von sram verbaut aus einem Trödelmarkt-Laufrad, vorne eine Sturmey Archer 70 mm TRommelbremse, die auch schon fast 30 Jahre alt ist, allerdings in die alten Stahlfelgen und mit verzinkten schwarzen Speichen vom radgeber.
Fotos folgen natürlich dazu.
Alte Hinterradnaben baue ich auch noch auf, Schraubkränze dazu habe ich noch unverbaute aus Ladenauflösung vor etwa 45 Jahren....
Einen Gepäckträger wie der von Pallas werde ich auch nachbauen. Der Flachstahl dazu (20 x 3 mm) liegt schon bereit.
Gibt einen eigenen Bericht.
Geplant sind noch alte Laufräder zu den Fahrrädern, um sie auch schnell zurückbauen zu können, aber das Transportrad wird regelmäßig gebraucht.
Fortsetzung folgt, Fotos kommen auch noch.
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Michl
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von Michl »

Sehr schönes Rad! Hab ein sehr ähnliches, mit gleicher Lackierung, als Damendrad. Daß es nach dem Krieg gebaut wurde, sieht man ihm auf den ersten Blick kaum an. Es wirkt wirklich wie ein Vorkriegsrad, obwohl es Bj. 1950 ist. Das hier könnte der passende Katalog dazu sein:
https://www.velopedia.online/Document/Show/677
DSC01004 ok.jpg
Grüße aus Mittelfranken!
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von Michl »

Hier gibt´s jetzt einen ausführlicheren Thread zu meinem Modell 121/Sr
---> https://www.altesrad.net/viewtopic.php?t=25281

@manticora:
Servus Knut! Kannst Du mir verraten ob Dein Rücklicht, Dein Scheinwerfer vorne, Dein Kettenschutz, die Luftpumpe und der Sattel original sind oder nachgekauft? Von welchem Hersteller ist denn der Sattel?

Grüße,

Michl
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Re: Mein "Zwei-Kästen-Bier" Hercules

Beitrag von Michl »

1952 wurde eine Zerreißprobe, zwischen einer Lokomotive und 8 beladenen Güterwaggons, mit diesem Hercules-Modell gemcht:
https://artsandculture.google.com/story ... 8uNk0sdwKw
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